Flüchtlings-Adventkalender 2018

Hier finden Sie alle Unterlagen für den Flüchtlings-Adventkalender, den wir Ihnen für die Pfarre, für Ihre Schulklasse, für Ihre Familie zur Verfügung stellen.

Worum geht es?

Hier finden Sie den Kalender im pdf-Format: Adventkalender pdf-Datei

Hier finden Sie die drei Bilder in guter Auflösung:
Bild 1

Bild 2

Bild 3


pdf 1._Dezember –  pdf 2. Dezember –  pdf 3. Dezember

pdf 4. Dezember –  pdf 5. Dezember –  pdf 6. Dezember

pdf 7. Dezember –  pdf 8. Dezember –  pdf 9. Dezember

pdf 10. Dezember –  pdf 11. Dezember –  pdf 12. Dezember

pdf 13. Dezember –  pdf 14. Dezember –  pdf 15. Dezember1

pdf 16. Dezember –  pdf 17. Dezember –  pdf 18. Dezember

pdf 19. Dezember –  pdf 20. Dezember –  pdf 21. Dezember

pdf 22. Dezember –  pdf 23. Dezember –  pdf 24. Dezember


1. Dezember 2018

Weltweit sind zurzeit ca. 70 Millionen Menschen auf Grund von Krieg und Verfolgung auf der Flucht. In Österreich haben bis Ende September 2018 10.413 Personen einen Asylantrag gestellt. Hier nun einige Zahlen zur globalen Situation und in Österreich:

wichtigste                                                   wichtigste
Herkunftsländer                                      Aufnahmeländer
2017:[1]                                                       20172

Syrien: 6,3 Millionen                                 Türkei: 3,5 Millionen

Afghanistan: 2,6 Millionen                       Pakistan: 1,4 Millionen

Südsudan: 2,4 Millionen                           Uganda: 1,4 Millionen

Myanmar: 1,2 Millionen                           Libanon: 990.000

Somalia: 990.000                                         Iran: 980.000

Deutschland: 970.000

Bangladesch: 930.00

 

2017: Binnenvertriebene3:                     Asylanträge 2017 in der EU4

Kolumbien: 7,7 Millionen                         Deutschland: 222.625

Syrien: 6,3 Millionen                                 Italien: 128.855

D.R: Kongo: 4,4 Millionen                         Frankreich: 99.330

Irak: 2,6 Millionen:                                    Griechenland. 58.660

Somalia: 2,1 Millionen                              UK: 33.850

Jemen: 2 Millionen                                    Spanien: 31.125

Sudan: 2 Millionen                                    Schweden: 26.370

Südsudan: 1,9 Millionen                          Österreich: 24.735

Ukraine: 1,8 Millionen                             Belgien: 18.370

Afghanistan 1,8 Millionen                       Niederlande: 18.210

Nigeria: 1,7 Millionen

 

Asylanträge in Österreich 2014-2018 (Sept.)5:         

2014: 28.064

2015: 88.340

2016: 42.285

2017: 24.735

2018: 10.413 (September)

           

Asylanträge Herkunftsländer in Österreich (Sept. 2018)6

Syrien: 2.590                               Somalia: 407

Afghanistan: 1.570                     Georgien: 351

Iran: 834                                      unbekannt: 288

Russland: 727                             Pakistan: 208

Irak: 582

Nigeria: 551

 1-3 https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/fluechtlinge/zahlen-fakten/

4-6 https://www.bmi.gv.at/301/Statistiken/files/2018/Asylstatistik_September_2018.pdf


2. Dezember 2018

Seit dem Sommer 2015 haben sich zahlreiche freiwillige HelferInnen für Menschen eingesetzt, die sich auf die Flucht nach Europa begeben haben. Dort, wo Hilfe nötig war und ist, haben sich viele Menschen in den Pfarren der Erzdiözese Wien in der Unterbringung, Versorgung und Begleitung von geflüchteten Menschen engagiert. Dieses Engagement hat auch Menschen angezogen, die bis dahin mit der Kirche als Ort christlichen Glaubens kaum Berührungspunkte hatten. Das gemeinsame Zeil, helfen zu wollen, Menschen nach wochen- und monatelanger Flucht einen Platz zum Waschen, Schlafen und Essen anbieten zu können, hat viele HelferInnen Feuer fangen lassen. In rund 50 Pfarren der Erzdiözese Wien wurden innerhalb kürzester Zeit 1630 Schlafplätze in Not- und Transitquartieren zur Verfügung gestellt. Als die Not weiterging, haben rund 250 Pfarren für 1100 AsylwerberInnen für mindestens ein Jahr Wohnraum zur Verfügung gestellt.

MitarbeiterInnen des Arbeitsbereiches PEF-Pfarrliches Engagement für Menschen auf der Flucht sind zu den HelferInnen in die Pfarren gegangen und haben sie befragt.

Im Folgenden ein Ausschnitt der Antworten, die wir erhalten haben:

  • Die Hilfe ist ein Grundauftrag des christlichen Glaubens.
  • Ich habe gar nicht lange Ich sah Menschen in Not und habe geholfen.
  • Die Pfarre war einverstanden, aber es war eine große Herausforderung für uns alle in der Gemeinde.
  • Ich war neugierig – ganz viel Interesse an Menschen aus anderen Ländern und Kulturen war da. Ich dachte auch gleichzeitig an die Verantwortung, die ich für diese Menschen übernehmen werde.
  • Einfach andocken und spüren, sie sind Menschen wie du und ich.
  • Das Flüchtlingslager wird geräumt und ein junger Flüchtling sagt zu mir: „Bitte, kümmere dich um meine Blumen!“
  • Wir machen gemeinsam kleine Schritte, die gut tun und uns weiter bringen.

PEF – Pfarrliches Engagement für Menschen auf der Flucht.


3. Dezember 2018

Es ist erschütternd mitzuerleben, wie in Niederösterreich im Asylbereich die Menschlichkeit zu Grabe getragen wird. Herzlos und rücksichtslos werden schutzsuchende Menschen, die noch dazu körperlich oder psychisch krank sind, ihrer vertrauten Umgebung entrissen und hin und her geschoben. Es ist lähmend, von politisch Verantwortlichen ignoriert oder von Beamten mit Stehsätzen abgespeist zu werden, wenn man sich dagegenstellt, protestiert und Menschlichkeit einfordert. Es ist traurig zu sehen, wie haupt- und ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuer entmutigt und diskreditiert werden. Wie soll in Zukunft ein Miteinander in diesem Land möglich sein, wenn Menschen, die sich dafür einsetzen, frustriert werden?

Aber: Es ist auch großartig, wie viele Menschen sich nicht entmutigen lassen, weiter für Menschlichkeit einstehen und der Unmenschlichkeit Widerstand entgegensetzen. Und es ist erhellend, wie dabei deutlich wird, wer im Sinne Jesu christlich handelt, der gesagt hat: „ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen.“

Franz Helm SVD, Steyler Missionar in St. Gabriel

Chronologie Caritashaus St. Gabriel
Solidarität, Unmenschlichkeit und Widerstand

Im Jahr 1992 nimmt das Missionshaus St. Gabriel 220 Kriegsflüchtlinge aus Bosnien auf. Seminaristen der Steyler Missionare räumen ihre Zimmer, damit die Schutzsuchenden Platz finden. Bald darauf übernimmt die Caritas der Erzdiözese Wien die Leitung und Betreuung. Seit damals besteht die Einrichtung.

Die Caritas adaptiert einen großen Trakt des Missionshauses für 140 Flüchtlinge: 40 Plätze für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sowie 100 Plätze für körperlich oder psychisch kranke und traumatisierte Menschen und ihre Familien. Dementsprechende Verträge werden mit dem Land Niederösterreich abgeschlossen.

Anfang September 2015 besucht Innenministerin Johanna Mikl-Leitner das Flüchtlingsheim, begleitet von EU-Kommissarin Vera Jurová. Die Einrichtung wird als „Best practice Beispiel“ gewürdigt.

Die Caritas präsentiert der Asylbehörde des Landes Niederösterreich ein Konzept zur adäquaten Begleitung der psychisch kranken Menschen. Die Behörde lehnt das Konzept ab.

Anfang Mai 2018 wird ein Asylwerber tot im Flüchtlingsheim St. Gabriel aufgefunden. Tatverdächtig ist ein psychisch kranker und von der Polizei bereits des Hauses verwiesener Asylsuchender.

Am 7. Juni 2018 erfährt das Caritashaus St. Gabriel aus den Medien, dass sämtliche 110 Bewohnerinnen und Bewohner in andere Unterkünfte übersiedelt werden sollen. Der für Integration zuständige FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl erklärt, sich um die Sicherheit der in St. Gabriel lebenden Flüchtlinge und der in der Nachbarschaft lebenden Menschen zu sorgen.


4. Dezember 2018

The smugglers are playing with our lives. (www.caritas.gr)

Jawad from Afghanistan

“Sometimes we have nightmares about the journey. From Afghanistan, we have crossed the borders of Iran and Turkey by walking. Crossing the Iran border was so hard, we have walked for 18 hours. The smuggler lied to us, he said that we had the walk for 4 or 5 hours. When we approach the Iranian border, the police fired at us and we lost two families. My wife and my children were crying all the time. It was exhausting for them.

During the night we lost our 3 years old daughter, we were walking in the dark with other almost 80 people. The smuggler kept saying to walk fast and to not make noise. My wife was holding her hand but she lost her and she was pushed ahead by the other people. We had searched her for 20 minutes, I thought it was not real. It was like living in a horror movie. In the end, we found her and we arrived in Iran safe but we had to cross another border, the Iranian-Turkey one was even worse. Very high mountains, we were freezing but we kept walking and then finally we arrived in Turkey.

For one week we stayed in a house with other people waiting for the smuggler to come and bring us to take the boat. When we arrived at the seaside we saw an inflatable raft suited for 20 people. We were 50.

It was not a boat, it was a toy. The smugglers are playing with our lives.

You cannot reconsider the idea of not travel with that toy because it’s too risky for your family, you have to jump in since the smugglers are threatening you. What should you do? You have only to pray God that someone come to rescue and not be caught by the Turkish coast guard otherwise they will send you to jail. In the end, it is only a matter of fate. You have to be lucky to find the sea in good condition, you have to be lucky to not be caught by the Turkish coast guard and you have to be lucky to be rescued by someone. And we were lucky, we arrived safely on the shore of the Greek island of Lesvos“.

Jawad is 45 years old husband and father. In Afghanistan he was an English and Spanish interpreter, he has worked for the NATO Spanish forces, the Afghan National Army, and for his job he was threatened by the Islamic radical groups. That’s the reason why he left his country. The radical groups send him the videos of his colleagues decapitated. There was no choice for him, he must leave. Afghanistan is not a safe Country, the recent EASO country report has shown that the situation is worsening.  Since 2017 when the United Nations Secretary-General changed its assessment from a country in a situation of „post-war conflict to a country undergoing a conflict that shows few signs of abating” the security situation is highly unstable. The local news is reporting every day suicides bomb attack, murders, assassinations, kidnapping. Since Jawad left Afghanistan two members of my family have been killed by the Isis, including a child. There is no security for the people if they have money they will leave otherwise they will stay in Afghanistan trying to survive.

(www.caritas.gr)


5. Dezember 2018

Ich wäre nicht hier, wenn sich nicht vor 80 Jahren jemand um Flüchtlinge gekümmert hätte. Ich möchte nicht vergessen, was das für mich bedeutet, sondern Danke sagen und einen kleinen Teil zurückgeben.

Dabei bemerke ich, dass es nicht ums Geben geht. Es ist immer bereichernd, Menschen kennenzulernen, die einen ganz anderen Hintergrund haben. Oder von denen man es nur geglaubt hat. Immer mehr entdecke ich Facetten und Unterschiedlichkeiten –  es gibt nicht „die Flüchtlinge“. Es gibt Frauen mit für unsere Verhältnisse unvorstellbar großen Familien, weit verzweigt über die arabische Welt, mit 7 Kindern, von denen sie auf der Flucht 3 verloren haben. Und es gibt Chirurgen, die 5 Sprachen fließend sprechen, in vielen Ländern studiert und gearbeitet haben und wieder ganz von vorne anfangen müssen. Menschen mit einer guten Ausbildung, die einfach ein normales, angepasstes Leben führen wollen, ohne groß aufzufallen.

Manchmal sind es flüchtige Bekanntschaften, Leute kommen ein paar Mal in den Deutschkurs und tauchen dann nicht mehr auf. Wenn man sich dann aber nach Monaten wieder auf der Straße trifft, wird man begrüßt wie eine alte Freundin, weil man an einem bestimmten Zeitpunkt da war und wichtig für jemanden geworden ist. Und wenn man dann „Schwester“ genannt wird, weil man ein paar Momente des Lachens und Vergessens geschenkt hat, dann weiß man, dass man Freunde fürs Leben gefunden hat. „Weil du freundlich warst – das hat mich gerettet!“

Jeder, der Flüchtlingen begegnet, macht es auf seine eigene Art. Ich habe beschlossen, zuzuhören, wenn jemand etwas erzählen will, aber nicht zu viele Fragen zu stellen. Einfach dazusein und ein freundliches Gesicht zu schenken, nicht nach den Fluchtgeschichten zu fragen, die vielleicht im Moment einfach nur vergessen werden wollen. Wenn eine Freundschaft da ist, kommt vielleicht später etwas. Vielleicht dauert es Jahre, bis darüber nachgedacht werden kann. Es geht aber nicht um meine Neugier! In der Zwischenzeit möchte ich einfach meine Freundschaft und Zeit schenken.

Die Menschen kommen oft aus einem sozialen Umfeld und aus Lebensumständen, die unseren nicht unähnlich sind. Wie auch uns fällt es nicht immer leicht, um Sachspenden zu bitten. Ich versuche mitzudenken, was gebraucht werden könnte. Manchmal sind sie aber auch besser informiert und kennen sich im Behördendschungel besser aus als man selbst. Ich habe auch schon Tipps bekommen, die das eigene Leben erleichtern.

Mit den Menschen kommt natürlich auch die Küche,  die Herzlichkeit und Gastfreundschaft zu uns, egal wie wenig da ist. Was gibt es Schöneres, als eine Einladung annehmen zu dürfen und kurz in eine Zeit vor dem Krieg eintauchen zu können, wo gekocht, gegessen und gelacht wird – ganz ohne die eigene Stadt zu verlassen!

Was ich mir wünschen würde? Dass wir an unsere neuen Freunde nicht mehr als Flüchtlinge denken, sondern einfach nur mehr als unsere Freunde.

Sophie Höfer


6. Dezember 2018

Gemeinsam marschieren

Seit mehr als drei Jahren sind wir gemeinsam unterwegs – wir vom Flüchtlingsprojekt „Habibi“ und unsere neu gewonnenen Freunde und Bekannten. Wie jeder Weg ist auch unser gemeinsamer manchmal steil und schwierig, aber nach jeder Etappe steht fest: wir haben etwas geschafft!

Gemeinsam marschieren

Seit mehr als drei Jahren begleiten wir mit unserem Flüchtlingsprojekt „Habibi“ Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, Familien, unbegleitete Jugendliche, Alleinstehende, Kinder, die ohne Eltern hierhergekommen sind. Nach mehr als drei Jahren steht fest,

  • dass der spontane Entschluss zu helfen der richtige war, denn es geht hier um Menschen und ihre Würde, nicht um „diese Syrer und Afghanen, die wir hier nicht brauchen, nicht haben wollen, die uns und unsere Kultur bedrohen …“.
  • dass die aktuelle Politik mich stärker denn je diesen gemeinsamen Weg gehen lässt, auch wenn mein Beitrag nur der sprichwörtliche „Tropfen auf dem heißen Stein“ sein kann.
  • es mir viel Kraft gibt, zu sehen, wie Menschen in so prekären Lebenssituationen ihren Lebensmut, ihr Lachen, ihre Herzlichkeit nicht verlieren. Dieser Kraftakt ringt mir Bewunderung ab.

Manchmal ist der gemeinsame Weg schwierig, die Sprachbarriere ist nicht so leicht zu beseitigen, Behörden und Ämter agieren gelegentlich verstörend, kulturelle Unterschiede erschweren den Alltag. Andererseits ist es wunderbar, wenn etwas gelingt: ein arabisch sprechender Therapeut nimmt sich eines Schützlings an, ein Paar entschließt sich zu heiraten und lässt uns mitfeiern, Schüler schließen das Schuljahr erfolgreich ab, Freude, Dankbarkeit und Lachen auf beiden Seiten.

Was ich mir von Herzen wünsche, ist, dass noch viel mehr Menschen die Scheu vor dem Unbekannten, Fremden ablegen und sich auf das einander Kennenlernen einlassen. Sie wären dann wohl weniger leicht manipulierbar und könnten erkennen, dass das Schüren von Ängsten und das Festhalten an Vorurteilen für beide Seiten von Nachteil ist, ein Miteinander hingegen beiden Seiten zu Gute kommt.

Sissi Gotsmy-Kraft/Habibi-Flüchtlingsprojekte


7. Dezember 2018

Mein Engagement für Flüchtlinge begann mit den „Boatpeople“ aus Vietnam in den 80iger Jahren in Deutschland. In direkter Nachbarschaft, in einem Kinderheim in Münster, wurden Flüchtlingsfamilien untergebracht. Ich überzeugte meine Eltern und Geschwister, dass wir nicht einfach zuschauen konnten und so hatten wir über zwei Jahre einmal in der Woche eine mehrköpfige Familie zu Gast. Wir lernten voneinander, wir hörten einander zu, spielten, entdeckten gemeinsam unsere Stadt und staunten, wie schnell diese Familie sich in ihrer neuen Umgebung zu Recht fand.

Das Engagement für geflüchtete Menschen hat mich seit dem begleitet. Einige von ihnen sind gute Freunde geworden. Von allen habe ich gelernt. Von manchen habe ich mich verabschieden müssen.

„Boatpeople“ gibt es auch heute, Menschen, die alles riskieren, um ein neues Leben anzufangen. Sie leben unter uns mit großen Hoffnungen auf einen Neuanfang.

Es liegt an uns, auf sie zuzugehen und ihnen unsere Kultur zu erschließen, nicht damit sie so werden wie wir, aber damit sie sich hier orientieren und einbringen können, eine Arbeit finden, die gesellschaftlichen Zusammenhänge verstehen usw. Deutschlernen ist dabei ganz wichtig, aber was hilft die deutsche Sprache, wenn niemand mit dir spricht?

Ich wünsche mir, dass wir geflüchteten Menschen angstfrei begegnen, ihre Lebensbiographien achten und ihnen Mut geben, dass ihr Leben auch unter geänderten Bedingungen weitergehen kann.

Nicht jeder wird bleiben können oder wollen, aber ein faires Asylverfahren ohne allzu lange Wartezeiten, die Möglichkeit auch während des Verfahren zu arbeiten… das wünsche ich mir.

Roswitha Feige


8. Dezember 2018

As if it was a game

Caschi Bianchi* -Francesca Benenati and Ornela Xhemaj- visit to Lesvos and Chios

The children I have met in the refugee camps of the islands continue to inhabit my dreams. Those dreams you make in the early morning and that remain in an unconscious and remote level with you, so when you wake up you cannot remember them clearly. But they are part of you as well. So those children are part of me, in some hidden corner of my mind.

In my dreams they do not live in the dirty tents I have saw. In my dreams, I meet them in some other place, a safer place, I don’t know where, but my feeling is a sort of relief, because in my dreams those children are out of the nightmare of the camps.

Nevertheless, these are dreams. The truth is that many, many children live in a concrete nightmare. What I found really surprising in the refugee camps, was the strident contrast between the beauty of the children and the poverty in which they live. It seemed that the dirt of the place could not infect the light of their eyes full of life and their irrepressible willingness to make friendship with anybody.

They continue to live their childhood despite the misery of the place. They play without toys. The camp becomes every day a forest to discover.

Two of them followed us for two entire days, running around us like two local guides with a special mission. They checked every corner of the camp, they hid themselves behind the tents, they climbed the rocks, they showed us the right way, like two Indiana Jones of a modern tragicomedy.

Everything for them was a game. The dangers and the bad living conditions of the camps were part of their adventure: avoiding the snakes in the wood, jumping the smelly puddles of stagnated water, finding new stones or branches for their parents to repair their tents, passing through the meshes separating the different sectors of the camp like monkeys, pushing the strollers of their younger brothers while their parents were queueing for the meal.

They reminded me somehow the kid protagonist of the Italian movie of Roberto Benigni “La vita è bella”, who survived to the horrors of the Nazi camp living like in a game; and the adults reminded me Benigni, who held on just for his child.

The same happens in the refugee camps: the children are the hope for the future, the sense of the journey, the resilience for tolerating the sufferings. They are the most precious good for whoever lives in the camp. Those who don’t have children to take care of are hopeless.

(www.caritas.gr)


9. Dezember 2018

In unserem Pfarrgebiet wurde im Herbst 2015 ein großes Notquartier eingerichtet. Etliche von uns haben Lebensmittel und Kleidung gebracht. Durch diesen Kontakt sind einige der geflüchteten Menschen zu uns in die Kirche gekommen und haben mit uns Gottesdienst gefeiert. So hat mein Dienst als ehrenamtliche Flüchtlingshelferin begonnen.

Für mich stellt sich immer wieder die Frage: Wer ist dein Nächster, wo ist der Platz, wo du gerade gebraucht wirst? Und der ist nach wie vor an der Seite unserer Freunde, deren Wege zu uns geführt haben.

Es ist schwer zu sagen, welches die schönste gemeinsame Begegnung gewesen ist.

Zu den nettesten Erlebnissen gehören die gemeinsamen Essen. Einige unserer Freunde sind talentierte Köche, die aus einfachen Zutaten köstliche Speisen zaubern. Besonders rührend fand ich, dass Reza* sogar für meine Tochter, die Vegetarierin ist, extra ein zusätzliches Gericht zubereitet hat.

Ich schätze die Herzlichkeit, Offenheit, die menschliche Wärme und auch den gegenseitigen Respekt in diesen Begegnungen.

Ein Gemeindemitglied hat vor einiger Zeit zu mir gesagt: „Mir fällt auf, du lachst viel mehr als früher“. Ja, das habe ich von den Menschen, die ich begleite, gelernt: Wie gut es tut gemeinsam zu lachen, auch wenn die Sorgen im Moment groß sind.

Als ich im Vorjahr kurzfristig ins Spital musste, hat mich Farhad* angerufen und mich mit einer skurrilen Geschichte so zum Lachen gebracht, dass mir fast die Infusionsnadel herausgerutscht wäre. Reza hat mich während dieser Zeit im Krankenhaus besucht und mir eine Blume mitgebracht, die er von seinem wenigen Geld gekauft hatte.

Am schwierigsten erlebe ich die lange Dauer der Asylverfahren. Die kürzeste Verfahrensdauer war etwa 1 ½  Jahre. Einer unserer Freunde wartete sogar 2 ¾ Jahre auf sein Asylinterview. Dazu kommt, dass es in der ersten Instanz in der letzten Zeit viele Fehlentscheidungen gab, wodurch sich die Verfahren über Monate und Jahre in die 2. Instanz verlängern.

Ich habe Verständnis, dass durch die vielen Menschen, die 2015 um Asyl angesucht haben, die Verwaltung überfordert ist. Bei längerer Dauer der Asylverfahren erlaubt das EU-Recht Asylwerbern den Einstieg in den Arbeitsmarkt. Als problematisch erlebe ich, dass dies in Österreich nur in geringem Maße gestattet wird. Das lange Warten und die Unsicherheit zermürbt geflüchtete Menschen und ihre UnterstützerInnen.

Das humane Bleiberecht, das bei fehlenden Asylgründen wirksam werden könnte, wenn Integration, familiäre Bindungen etc. vorliegen, wird leider kaum mehr angewendet. Das führt zu großen Härten, wenn Menschen nach mehreren Jahren erst erfahren, dass sie nicht bleiben dürfen. Dies betrifft Familien mit Kindern, die jahrelang hier die Schule besucht haben, Paare, die getrennt werden, junge Menschen, die von österreichischen Familien aufgenommen wurden und viele weitere.

Unverständlich ist mir, warum Afghanistan als sicheres Herkunftsland gilt und unbescholtene Menschen dorthin abgeschoben werden. Dies geschieht, obwohl die UNO und zahlreiche Experten dieses Land als höchst unsicher einschätzen.

Dankbar bin ich für die große Unterstützung unserer Gemeindemitglieder und unserer Pfarre.

Ursula Korner-Hajek

*Name geändert


10. Dezember 2018

„Geh‘ weit genug zurück, dann sind alle Menschen Cousin und Cousine.“ Dieser Ausspruch von Naomi Mitchison (schott. Schriftstellerin, 1897-1999) passt sehr gut zu meiner Erfahrung mit Geflüchteten. Das Kennenlernen von Menschen aus weit entfernten Regionen hat mir gezeigt, dass wir im Herzen doch alle Brüder und Schwestern sind. Grenzen, Kultur oder Religion sollen und können uns nicht trennen.

Ich bin keine Engagierte der ersten Stunde. Wahrscheinlich hätte ich mich überhaupt nicht für die vielen geflüchteten Menschen interessiert, wenn nicht eines Tages eine völlig verzweifelte Freundin vor meiner Tür gestanden wäre. Sie war Sozialarbeiterin und verantwortlich für die Flüchtlinge in unserer Gemeinde.

Es ging um einen kleinen Gefallen: Kannst du bitte eine Familie mit deinem Auto nach Traiskirchen fahren? Natürlich konnte ich und tat es auch. Für eine gute Freundin jederzeit.

Dieser kleine Freundschaftsdienst hat gereicht. Es war der erste Kontakt zu jenen Menschen, die bei uns Schutz und Hilfe suchten. Und es war ausschlaggebend für mein weiteres Engagement. Den Menschen in die Augen schauen und erkennen wie dankbar sie für jede Unterstützung sind. Wie verzweifelt, ängstlich und orientierungslos in unserer „wohl geordneten“ Welt. Wie sehr sie uns einfach brauchen.

Mein Leben hat diese erste Begegnung von Grund auf verändert. Viel Zeit und auch viel Verantwortung waren gefragt. Nicht immer einfach. Und manchmal hatte ich auch das Gefühl, an meine Grenzen zu stoßen. Dennoch war für mich sehr bald klar, dass ich in diesem Bereich weiterarbeiten möchte.

In unserer kleinen Stadt war vor allem die gute Vernetzung gefragt. Kontakte zu Menschen und Institutionen der unterschiedlichsten Art waren hilfreich. Daraus ergab sich dann eine breite Basis an Unterstützungsmöglichkeiten für unsere Schutzsuchenden. Und für mich wiederum die Möglichkeit viele neue Leute kennenzulernen.

Das Kennenlernen. Das ist überhaupt das wichtigste und beste am freiwilligen Engagement. Menschen kennenlernen, Geschichten, Kulturen, kulinarische Köstlichkeiten … so viel Neues, Spannendes und Gutes.

Ich möchte allerdings nicht behaupten, dass die Arbeit mit Geflüchteten nur schön und positiv ist. Es gab auch Erlebnisse, die große Enttäuschung und Ärger gebracht haben. So ist halt das Leben und so sind die Menschen. In jeder Herde finden sich auch schwarze Schafe. Diese Einstellung hat mir auch geholfen, mit diesen Rückschlägen gut umzugehen und trotzdem weiter zu helfen.

Der Höhepunkt und mit Sicherheit das schönste Erlebnis für mich war, als ich von „meiner“ afghanischen Familie gefragt wurde, ob ich die Taufpatin von ihrem Kind sein möchte. Damit steht auch fest, dass meine Unterstützung mein Leben lang anhalten wird. Was ich mir dabei wünsche? Dass mir Gott die nötige Kraft gibt.


11. Dezember 2018

Sommer 2015, ich bin in Deutschland auf Urlaub. Jeden Abend flimmern Bilder über den Bildschirm, die ich zunächst gar nicht einordnen kann. Menschenmassen auf der Flucht durch Waldgebiete, auf orangen Booten, unfassbar…“Mein Gott, wo wollen die denn alle hin….“, waren meine Gedanken, wenn ich ehrlich bin!

Sehr bald holte mich dieses Thema in der Realität ein, denn unter anderen wollten sie in meine Pfarre. Nach einer Projektwoche mit meiner Schule im September 2015, erkannte ich die Pfarre nicht wieder. “Kein Stein lag mehr auf dem anderen“ und eine Hilfsbereitschaft, die ich nie für möglich gehalten hätte, war zu sehen und zu spüren!

Was mich persönlich letztendlich motiviert hat, mich einzubringen?!? Wenn ich ehrlich bin – ich weiß es nicht: Es war plötzlich so. Ohne viel wo, wenn und warum, ich steckte mittendrin. Es gab keine spezielle Motivation, kein einschneidendes Erlebnis, nur ein Geburtstagsfest meines Sohnes und von da an, war ich mittendrin…Junge Menschen, die ich bis vor kurzem gar nicht kannte, waren in meinem Leben sehr wichtig geworden, waren dankbar für jede Einladung und jede Hilfe. Und da gab es mehr als genug zu tun: Behördendschungel, unfreundliche Antworten, großzügige Meldungen wie „na, wenn Sie da jetzt nicht mit wären, hätt i sie wegg`schickt“…waren noch die harmlosen Dinge. Flüchtlinge, deren rudimentäre Deutschkenntnisse aus „ja“, „nein“, „alles ok“ , „ja alles verstanden“…bestanden. Und kaum dass man aus dem Zimmer des AMS Beraters herauskam, fragte man mich: Was hat er gesagt???

Schwangerschaftsbetreuung in einer Arztpraxis: ich, die einzige nicht verschleierte Frau, mitten unter verunsicherten, ängstlichen, geflüchteten Frauen, denen ich mit Händen und Füßen zu erklären versuchte, warum jetzt diese oder jene Untersuchung wichtig wäre…!?!

Kämpfe und endlose Gespräche in der Schule eines jungen Mannes, dem die Deutschprofessorin nur Steine in den Weg legen wollte, z.B. das Übersetzten von unendlich schwierigen deutschen Texten aus dem Mittelalter.

Rückschläge gab es immer wieder, enttäuschte Hoffnungen, Wohnungssuche…aber auch sehr viele glückliche Momente, wie die Geburt einer kleinen Dame, bei der ich dabei sein durfte oder der Erfolg eines jungen Mannes, der nach langem Bangen und Hoffen endlich das langersehnte Bleiberecht erhielt.

Über das Friedensgebet, das ich mit zwei  Freunden jeden Monat halten durfte, begann ich mich intensiv mit dem Islam zu beschäftigen und in der Folge auch sehr mit meinem eigenen Glauben auseinander zu setzen. Toleranz in der gelebten Praxis…..

Ich lernte syrisches Essen und Gewürze, aber auch Essgewohnheiten  kennen und lieben. Meine eigene Küche wurde dadurch sehr bereichert! Umgekehrt versuchte ich meinen neugewonnenen Freunden auch unsere Küche näher zu bringen und unsere Gewohnheiten. Kekse zu Weihnachten waren der Hit!

Die größten Hindernisse waren falsche Hoffnungen und Vorstellungen auf beiden Seiten. Ich musste lernen mit Misserfolgen und Enttäuschungen umzugehen, aber  auch zuzulassen, dass man gegen meine Empfehlungen und Hilfestellungen agierte und wenn man scheiterte, wieder um Hilfe rief…

Die schönen und erfolgreichen Erlebnisse aber haben eindeutig überwogen. Ich habe neue Freunde gefunden und bin stolz darauf, von ihnen als Freund bezeichnet zu werden!

Was ich mir wünschen würde!?! Es sollte gar keinen Krieg geben, damit Menschen gar nicht gezwungen wären zu flüchten!

Gabi Ehrenberger, Habibi-Flüchtlingsprojekte der Pfarre Franz von Sales


12. Dezember 2018

Was habe ich von Geflüchteten gelernt? Allen voran den Mut und die Stärke, nie die Hoffnung zu verlieren und trotz Rückschlägen an einer gelingenden Zukunft zu arbeiten. Geduld und Vertrauen in die Zukunft zu haben, auch wenn der weitere Lebensweg völlig offen und ungesichert ist. Die Offenheit, andere Menschen am eigenen Leben teilhaben zu lassen und die Neugierde, Gemeinsamkeiten unterschiedlicher Kulturen zu entdecken und die Unterschiede zu verstehen.

Was motiviert mich, mich für Geflüchtete einzusetzen? Für christlich sozialisierte Menschen ist Nächstenliebe nicht nur ein Wort, sondern eine gelebte Selbstverständlichkeit, die sich im Leben Tag für Tag in vielen Denkungsweisen und Handlungen wiederfindet. Sich für Menschen einzusetzen, deren Stimmen nicht gehört werden, sich für ihre Rechte einzusetzen, ist eine wichtige und sinnstiftende Aufgabe. Öffne deinen Mund für den Stummen, / für das Recht aller Schwachen! Die Worte an Lemuël 31,8

Was war mein schönstes Erlebnis? Es sind die zahlreichen kleinen Erlebnisse, die Tag für Tag aufs Neue wertvoll sind und unser Leben bereichern. Das Schönste ist aber, in strahlende Augen zu sehen, wenn einer unserer Klienten aufgrund seines Handelns etwas für ihn und seine Zukunft wichtiges geschafft hat. Wenn er erleben darf, dass er selbstbestimmt handeln darf und aufgrund seines Handelns positive Erlebnisse hat. Oder wenn im Asylverfahren ein Schritt geschafft wurde, wie z.B. ein positiver Bescheid, und er daraufhin wieder neuen Mut fasst und es wagt, Zukunftsgedanken zu schmieden.

Wo sehe ich die größten Herausforderungen und Hindernisse? In der großen Ungewissheit in Bezug auf die Rechtliche und Gesellschaftspolitische Situation von geflüchteten Menschen. In der immer wieder vorkommenden Ablehnung, die unsere jungen Klienten in unserer Gesellschaft erfahren, oftmals geschürt durch einseitige und teils falsche Berichte in der Medienlandschaft.

Wenn ich mir etwas wünschen dürfte … … dass wie in jedem Menschen den individuellen Menschen mit all seinen Stärken und Schwächen sehen. Nicht die Flüchtlinge, die Bettler, die Obdachlosen, die Arbeitslosen etc. Das wir es uns wieder erlauben, Mitgefühl und Sorge um unsere Mitmenschen spüren zu dürfen.


13. Dezember 2018

Eine unverhoffte persönliche Herausforderung

Als jemand der auch in der Pfarrcaritas involviert ist, habe ich im Dezember 2015 begonnen mit anderen Freiwilligen im kürzlich neu eröffneten dritten Quartier mich um die ca. 20 hauptsächlich afghanischen Bewohner zu kümmern.

Anfangs war es Winterbekleidung, dann sorgten wir neben dem Angebot der RK-Tafel im Nachbarort auch um den Zugang und Transport zum Le+O-Markt am Zirkelweg in Schwechat. Bei einer sich spontan ereigneten Haushaltsauflösung lukrierten wir kostenlos Hausrat, Möbelstücke, Elektrogeräte und sieben Fahrräder, die sehr gut ankamen und immer wieder durch neuerliche Gaben vermehrt wurden. Ehrenamtliche boten Deutschkurse und Konversationsrunden an, in denen Wissenswertes über das Leben in unserer Gesellschaft vermittelt wurde. Dann folgte die Zeit der Interviews beim BFA in Traiskirchen und später in Wiener Neustadt. Da diese Orte mit Öffis nur umständlich erreichbar sind organisierten wir morgens bei Bedarf PKW-Transporte. Ab Jahresmitte zeigte sich die ersten Asylbescheide und es galt bei den Betroffenen negativen Trost zu zusprechen und sie bei der Berufung zu unterstützen. All die Zeit bis zu einem positiven Asylbescheid nützten fast alle zu selbstfinanzierten Deutschkuren bei Volkshochschulen in Wien. Für die notwendigen Bahnfahrten wurden Darlehen bei den ea HelferInnen notwendig, die verlässlich zurückbezahlt wurden. Mittlerweile haben etliche Betreute Asyl bekommen und haben das Flüchtlingsquartier nach Wien und anderen Orten verlassen. Einigen besonderes vertrauten Personen konnten wir noch bei der Suche nach einer neuen Unterkunft und Möbeln halfen. Sie alle sind jetzt aber in der Zielgerade zu einer Berufsausbildung, zu der aber noch Kurse zur Erreichung der sprachlichen Kompetenz Voraussetzung sind.

Bewundernswert fand ich, wie gekonnt sich unsere Freunde auf die jeweils neu erscheinenden Herausforderungen einstellten. Daraus ergab sich unser Freude sie bei der Bewältigung zu unterstützen. Gelegentlich machten wir als Gruppe von etwa zehn Personen Fahrradausflügen auf Rad und Güterwegen der auch weiteren Umgebung, um die Gegend kennen zu lernen. Als Hindernis und Herausforderung sehe ich vor allem die überschäumende Bürokratie gegenüber den Asylanten.  Eine dahingehende Milderung wäre wünschenswert.


14. Dezember 2018

Sultan’s Family Story, asylum-seekers in VIAL (Registration and Identification Centre in Chios, Greece; www.caritas.gr)

E.S. (woman, 36 y):  My family constists currently of 4 members. In the past we were 5 but my 12year old daughter was killed in Iraq.

M.S. (man, 42 y):  After this event we decided to leave Iraq and come to Europe for a better life.

E.S.: I also wanted to leave Iraq in order to be able to save my family & myself. I was threatened for my job and my beliefs from the military. I understood then, that I could no longer live there. We have been in the Island of Chios for 4 months and 51 days. I don’t know how much we need to wait. I am confused.

M.S.: When we first arrived here I was very happy! We felt relieved and safe. In the beginning, we were sleeping in the tents but we did not mind. Even for the mice, the scorpions, the bad conditions. We were expecting that we will move soon…

E.S.: But our happiness did not last longer than 10 days. We understood that this situation would not change so I started to wonder why I even came here. I have heard that Europe is not dangerous, is civilized, people with good manners and professionalism. But the only thing I see is workers from 9am-5pm that do not care for our rights and just want to finish with their job.

I am a psychologist, and I have been working with UNICEF helping refugees arriving in Iraq as a social support focal point. I have never treated anyone like this. I do not understand why my family here is treated like this. We have spent so many hours in the services like EASO, UN, GAS (Greek Asylum Service), doing interviews and explaining again and again my story. No results. I took my “hartia”  (=papers in Greek) but I am still here. We are still here. I do not know why. I have so many questions and all the people say to me: “This is not my responsibility.” Nobody answers to me with truth. The only one that I feel that cares for my family is CARITAS and 2 other psychologists from KEELPNO (National Centre of Disease Control and Prevention). They show big interest for us and they try to do the best.

M.S.: We have spent 3 months in the tent, in the dirt and 1 month in a container with other families. I regret to come here. I regret to be in Vial. I do not want to be here. I want this to end. People are always fighting; there is no good food; no clean place for us; the money that we take from UN is not enough to cover our needs. This is not a good life. I try to keep my family members safe and together but it is hard.

E.S.: My boys are not safe. I feel there is no feature for them here; I push them to attend some classes from volunteers in the city center but it is not enough. Education is not enough; the food is not good; the hygiene is 0. I try to clean our clothes and dishes but everything around us is dirty and smell so bad, so again everything is dirty.

The camp is not safe. In the night people take substances (alcohol and drugs) and they have weapons. We are really afraid. We feel that the good people were trapped and the bad people took “hartia” and go to the mainland. I was sincere from the first moment with everyone but I am still here. The most of the people lie but they go. I am so disappointed. I don’t know how to be strong and keep my values for my family some times. I am tired to beg people to give me normal life and house. UN don’t worry for us.

B.S. (boy, 9 years): I feel bad to be here. I don’t like VIAL; everything is bad. I don’t have any activities to do.  Kids from Afghanistan and from Arabic countries are always fighting. I don’t understand why. Even kids that we speak the same language tell me bad things for me, my brother and my family. They are bullying me because I have problem.  I just like to play football in the court in the camp. It helps me forget and smile. I like football.

E.S.: I have a diagnosed blood microbe and I need proper conditions and medication. My son B.S. in the past had faced neurological problems but it was ok. Now, here, again he has this problem. Even though he is taking his medication the general situation does not help a lot, bad conditions, no hygiene, weird weather. We have so many reports, for me and my son, from the hospital of Chios that say to go to a better place in the mainland, better hospital and be transferred immediately in house but with no results.

M.S.: We had always had dignity. But here is not like that. We and I feel less than a normal person. Even the driver of the bus, he insults us all the time. All the refugees. He does not like them. I am a driver for big cars and I can tell he does not even have good driving skills. Sometimes, he sees the people asking for a lift, and even that the bus is empty he does not allow them to ride the bus. The people beg him, they even give him money but he does not want them.

E.S.: We take the bus to go to the city. I like the city. It helps me feel better and forget. The people there are kind and look at us as even, I feel again like a human. I understand why some local people do not like refugees. I also don’t like most of the refugees. I see them steal from the properties of the people around the camp, fruits and stuff. They are thieves. Even the women and the kids. They steal everything when they have the opportunity and no one looks at them. Even my sons are complaining for them. I have tried hard to teach them the good and the bad and give them strong values but now I am not sure how I can protect them from these attitudes and the bad words and language. We have all become vulnerable here.

I want to try every day for the best. I do not lose my hope, I want to invest in myself and my family, find a house and settle down. I want to start my life again. I want to help the refugees and work as psychologist again.


15. Dezember 2018

Meine Erfahrungen mit Geflüchteten beschränkt sich auf die Zeit, in der ich mit ihnen in den Kursen Deutsch lerne. Am Anfang war ihr Interesse sehr groß;  die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigten eine hohe Motivation, eine neue Sprache zu lernen. Allmählich aber kamen immer weniger in die Kurse bzw. viele kamen sehr unregelmäßig. Der Ehrgeiz beim Lernen durchzuhalten war nur mehr bei wenigen erkennbar.

Warum ich mich für die Integration von Flüchtlingen einsetzte liegt einerseits an meinem christlichen Weltbild. Menschen in Not, woher sie auch kommen und aus welchen Gründen sie in Not geraten sind, zu helfen ist für mich ein religiöses Gebot. Andererseits habe ich mich immer schon für andere Sprachen und Kulturen interessiert. Ich habe selbst Slowakisch gelernt und denke, dass ich den Flüchtlingen in den Kursen vielleicht auch dieses Interesse an unserer Kultur vermitteln kann.

Mein schönstes Erlebnis war es, dass mir immer wieder Dankbarkeit von den Kursteilnehmerinnen und Teilnehmern vermittelt wurde. Auch wenn sie – aus welchen Gründen auch immer – den Kursen oft fern geblieben sind, so hatte ich den Eindruck, dass sie unsere Bemühungen schätzen. So gibt es in der persischen Tradition jedes Jahr einen Festtag zu Ehren von „Lehrenden“ oder von „Lehrmeistern“, vielleicht vergleichbar mit unserm Muttertag. Dieser Tag war im Kurs mir gewidmet.

Zur Person:

Wolfgang Spitaler, 83jähriger Pensionist, ist Diplomingenieur, arbeitete bei Siemens in der Entwicklungsabteilung und ist ehrenamtlicher Mitarbeiter beim Kath. Akademiker/innenverband Wien. Seit 2015 gibt er 2x pro Woche Deutschkurse für Flüchtlinge.


16. Dezember 2018

Motivation / Beweggrund:

Die Hilflosigkeit der Schwachen ist die Pflicht der Starken

Man kann das gut weitergeben, was man selbst erlebt hat.

Mitmenschlichkeit lässt mich mein eigenes Menschsein entdecken.

Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das hab ihr mir getan. (Mathäus 25/40)

Wenn jeder dem anderen helfen wollte, wäre allen geholfen. (Marie von Ebner-Eschenbach)

Nicht der ist reich, der viel hat, sondern der, welcher viel gibt. (Erich Fromm)

Das Wenige, das du tun kannst, ist viel. (Albert Schweitzer)

Das Geheimnis des Glücks liegt nicht im Besitz, sondern im Geben. Wer andere glücklich macht, wird glücklich. (André Gide)

Einem Menschen in Not reicht man die Hand.

Bericht:

Schöne Erlebnisse gibt es sehr viele. Junge Flüchtlinge vertrauen einem voll und ganz, dass man das Beste für sie tut. Sie sind wie Kinder und schauen einen mit erwartungsvollen Kinderaugen liebevoll an. Die Taufe von R. und S. war sehr berührend. Auch die vor kurzem stattfindende Hochzeit von R. mit seiner liebenswerten Braut gehört zu den aufbauenden schönen Erlebnissen.

Wir sind sehr glücklich, wenn es uns gelingt Flüchtlinge gut zu integrieren und sie auf einen guten Weg zu bringen, so dass sie einen Schulabschluss, Lehre, Beruf und ein selbstbestimmtes Leben in Österreich führen können. Ein Leben in Freiheit, wie wir es für uns als selbstverständlich betrachten können.

Leider gelingt es nicht allen und nicht alle können in Österreich bleiben. Die Asylverfahren sind extrem langwierig und von der Regierung werden negative Ergebnisse favorisiert. Das bringt auf allen Seiten große Enttäuschungen und Frustrationen mit sich. Wir mussten schon einige Menschen, die wir geliebt haben, gehen lassen.

Mein Wunsch wären faire und kürzere Asylverfahren, humanitäre Bleiberechte für Menschen, die Bereitschaft gezeigt  haben sich zu integrieren. Ich wünsche mir Arbeitsmöglichkeiten für alle, die eine Lehre angefangen haben und damit die österreichische Volkswirtschaft nachhaltig unterstützen und von unserem Land gebraucht werden. Die Flüchtlinge sind da und wollen arbeiten. Warum soll man gerade sie abschieben und gleichzeitig Leute, z.B. Pflegekräfte mit der Rot-Weiß-Rot Karte aus dem Ausland extra hereinholen?


17. Dezember 2018

Mit der Idee, zwei Flüchtlings-Notquartiere in unserer Pfarre Franz von Sales (Gemeinden Krim und Glanzing) anzubieten, gingen wir Mitte September 2015 an die Öffentlicheit. Vor allem über Facebook und die Pfarr-Website erreichten wir sehr schnell sehr viele Menschen – und eine unheimlich große Zahl Engagierter meldete sich während der drei Tage, bis es losgehen sollte, zur Mitarbeit.

Ich werde nie den wunderschönen September-Sonntag unmittelbar vor dem Start vergessen: permanent brachten Menschen Sachspenden vorbei, halfen beim Aufbau, fragten nach, riefen an, spendeten Geld, trugen sich für Dienste rund um die Uhr ein. Das tat sehr gut, denn für unser Team war es ein Sprung  ins kalte Wasser. Niemand hatte Erfahrung mit derartigen Projekten; wir wussten alle nicht, was uns erwarten würde.

Ab Montag, 0:00, stand unser Quartier in der Gemeinde Krim zur Verfügung. Um 2:00 läutete das Handy, und um 2:30 kamen die ersten 50 Geflüchteten in unserer Pfarre an. Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits 8 sofort verständigte Österreicher/innen Betten hergerichtet und eine Kleinigkeit zu essen bereitgestellt.

Aus den zunächst geplanten zwei Wochen Notquartier wurden fünf. Das Engagement wurde immer beeindruckender; am Ende standen uns – neben einer dreistelligen Anzahl an Menschen, die vor Ort rund um die Uhr Dienste übernahmen – über 15 Dolmetscher/innen und 20 Ärzte/innen verschiedener Sprachen bzw. Fachrichtungen zur Verfügung, die bei Bedarf zu jeder Tages- und Nachtzeit in die Pfarre kamen.

Diese Erlebnisse haben mich tief geprägt: ich weiß jetzt, dass mit Begeisterung und Menschenliebe fast alles möglich ist – man muss sich nur trauen.

Axel Gotsmy, Habibi-Flüchtlingsprojekte der Pfarre Franz von Sales


18. Dezember 2018

Saeed is a 24 years old Afghan boy, graduated in civil engineering with the dream to become a lawyer. It’s been one year since he is in Greece, welcomed in the Kara Tepe Camp in Mytilini. He tried twice to escape from Afghanistan.

The first time he was with his family, once they all crossed the border together the smuggler separated them into two groups, the family and the single man. Saeed was forced to follow the order; the smuggler pushed him and the other six single men in a really small van. On the way, a police car started to follow them and the smugglers pushed them out of the car. „We started to run but the police caught us, they slept and humiliated us. Then, they brought us to a camp next to the Afghan border. Actually, it was not a camp, it was hell. We stayed there for seven long days and night. They took our money and mobile phones. They tortured us and they deported us back to Afghanistan.“ It is not a new episode, the Iran border it’s one of the most dangerous to cross, many people have lost their family members, many have seen their dearest shot to death.

Back in Afghanistan, Saeed was one of the few students to be accepted in the University. For long 4 years he was studying civil engineering hidden in the college far from his family. „There have been four never-ending sad years. I had no choice: I couldn’t go outside of the college. Noone of my relatives had to know I was back. We decide to leave Afghanistan because my father was threatened by the Talebans due to his work for the Government. He was forced to cooperate with them otherwise they would have killed us. When the relatives of my father found it out, they frightened to report it to the police. For these reasons, we escape. When the family of my father discovered I was back in Afghanistan, I had to move. „I didn’t want to, I was so afraid that the police would have stopped me again but I had no choice.“

Saeed was only a young man when he had to decide either staying in Afghanistan or risking to face again the torture of Iran police.

The second time he travelled alone with his backpack filled with fear and a second pair of shoes to change during the way.  A young single man taking care of himself, running as fast as he could from the Iranian border heading Turkey.  This time nothing stops him. Finally, after 4 years alone he could reunite with his family in Turkey.  „I couldn’t believe I made it, but the hardest part was crossing the sea, I wouldn’t have come to Greece, but Turkey was not a safe country for us. When you are forced to leave your home country all you need is a safe place where to live and build your future day by day.“  So with his family, Saaed decided to cross the sea. Finding a smuggler was not difficult; 5 thousand dollars for all-inclusive package: a house where to hide before the departure and a speedy boat to cross the sea. The house was near Izmir, there was other two family with 6 small children. The parents took off their clothes to protect them from the cold. there was nothing in that house, only hopeful people waiting to change their lives. After two nights, the smugglers came and bring them to the seaside. The boat was so small that Saeed couldn’t fit in with the life jacket, that boat was for only 4 people and they were 20 people trusting their life to the smugglers. „I consider myself very lucky, we arrived safely in Greece, we stayed only 18 days in the tremendous Hotspot of Moria and I am very lucky to be hosted in the Kara Tepe Camp.“

People may think that men are spending their lives in the camp sleeping and waiting to seize the moment and move from Greece. Saeed is not that man.

He is an active role in the Kara Tepe camp life: he volunteers every day distributing breakfast and dinner, he follows the Greek and English classes held by Caritas Hellas. It’s one year waiting for the response of his asylum application and he is building his future. Being a refugee and living in a camp is not easy, it is a combination of everything: hope, sadness, anger and happiness. Saaed has a PTS syndrome but he will manage it by himself. „I know that Caritas Hellas provide us with the psychological support. A lot of people have been there, but I have my pride. I m a young strong man, I need to make it by my self.“ He is doing his own recovery process. He was back in Skala Sikamineas where he landed and where he met his hero. „I will never forget that fat old man that helped us, he stopped his motorbike and called the police and UNHCR. It was the first time that someone was kind to us. He became a hero to me. He reassured us, we were in Greece and we were safe. I have never seen my hero again“

Saeed is strong and motivated young man, I am sure he will realize his dreams.

He became my hero, he made me restore my faith in humanity.

I hope to see you again, Saeed.

(www.caritas.gr)


19. Dezember 2018

Schubhaft – eine Haft für Menschen, die in Österreich „illegal“ sind: Ausgeliefert einem System, das sie unverständlich finden, festgehalten in einem Anhaltezentrum, das sehr einem Gefängnis gleicht, ohne zu wissen, wie lange, zwischen Angst und Hoffnung.

Wenn wir die Messe mit ihnen feiern oder sie besuchen, teilen wir ihre Hilflosigkeit und bringen gemeinsam mit ihnen die Klagen über Ungerechtigkeit und die Bitten um eine gerechte Welt vor Gott.

Können Menschen illegal sein?

Wenn sie Flüchtlinge sind, aus Ländern wie Nigeria, ja, dann können sie nach österreichischem und EU-Recht illegal in diesem Land sein; oder wenn sie aus Afghanistan kommen und ihnen aufgrund einer Expertise der subsidiäre Schutz aberkannt wird. Sie verstehen es nicht. Sie verstehen nicht, was daran falsch sein soll, dass sie es bis hierher geschafft haben. Sie haben kein Verbrechen begangen. Sie haben eine gefährliche Reise hinter sich, sie haben sich viel erträumt und erwartet. Und nun sitzen sie in einer Zelle und wissen nicht, was die nächsten Tage bringen.

Und sie kommen zur Messe, mit einem Glauben, der uns erschüttert. Sie beten laut und intensiv, sie bitten um Gerechtigkeit. Sie bitten Gott um die wichtigen Papiere, um legal hier bleiben zu können. Sie klagen über ihre Situation, sie klagen über die für sie unverständlichen Gesetze, die ihnen keine legale Bleibe und keine legale Arbeit ermöglichen. Sie singen mit uns ihre Kirchenlieder, mit einer Hingabe, die wir aus den üblichen Messen hier in Österreich nicht kennen. Wir feiern mit ihnen die Messe, teilen für diese Stunde ihre Hilflosigkeit, bringen den Schrei nach Gerechtigkeit vor Gott.

Berührend war die Messe am Samstag nach dem Tod von Ute Bock. Wir hatten nicht geplant, die Messe in Erinnerung an sie zu feiern, aber viele der anwesenden Schubhäftlinge hatten von ihrem Tod gehört und äußerten den Wunsch, für die Verstorbene zu beten und ihr noch einmal zu danken, dass sie sich unermüdlich für die Flüchtlinge eingesetzt hat.


20. Dezember 2018

WARUM ICH HELFE:

„Was ihr den geringsten meiner Brüder tut, das habt ihr mir getan!“

Diese Worte von Jesus sind Vorbild und ein Gebot für mich persönlich. Ich fühle mich angesprochen.

Als die Flüchtlingswelle 2015 nach Österreich gekommen ist, habe ich nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit gesucht, um in einer guten sozialen Gruppe mitzuarbeiten.

Meinen Platz habe ich in der WIG Groß-Enzersdorf gefunden.

In diesem wunderbaren Team haben wir die Aufgaben der Flüchtlingsbetreuung in unserer Gemeinde (und darüber hinaus) übernommen.

Wir sind gut organisiert, jede Mitarbeiterin/ jeder Mitarbeiter hat einen bestimmten Aufgabenbereich übernommen. Das funktioniert gut.

Ich unterrichte Deutsch und betreue junge Menschen, die noch minderjährig waren, als sie zu uns gekommen sind.

Aus Fremden sind in den Jahren Freunde geworden. Wir unternehmen auch außerhalb des Unterrichts viel miteinander.

Diese jungen Menschen brauchen Zuwendung, Orientierung und Ziele.

Wir kochen, lernen, lachen und weinen miteinander. Einige haben Vertrauen gefunden, das war nicht immer leicht. Ihre Erfahrungen im Umgang mit Menschen waren durch Krieg, Folter, Enttäuschungen geprägt. Selbstachtung und Selbstliebe zu finden, ist ein langer, schmerzhafter Weg für sie.

Ich höre zu, tröste, versuche Mut und Zuversicht zu geben. Ich fühle mich manchmal ein wenig als Elternersatz.

Freude im Leben zu finden, das Positive zu sehen, Verzweiflung langsam abzulegen, das ist meine (und die meiner Mitarbeiterinnen) fast tägliche Arbeit.

Einige Flüchtlinge orientieren sich am christlichen Glauben. Über Frieden, Verzeihung und Liebe zu sprechen fällt mir nicht schwer, denn Jesus ist mein Vorbild und er unterstützt mich, das spüre ich.

Helfen? Gerne! Die Beschenkte bin ich, denn Zuneigung und Offenheit ist das Feedback dieser jungen Menschen.

Ich bin dankbar, dass ich helfen darf und dabei so sehr beschenkt werde!

In meinem Team in der WILLKOMMENSGRUPPE bin ich glücklich, denn ich habe hier Menschen getroffen, für die HELFEN ein wichtiger Punkt ist. Es tut mir gut, mit diesen Menschen zusammen zu sein. Gemeinsam sind wir stark!


21. Dezember 2018

Einleitung

In unserer Pfarre Hildegard Burjan gibt es bei mehreren Personen schon eine lange Tradition, sich für Geflüchtete einzusetzen: Vom mobilen Notquartier bis zur Einladung, den Weihnachtsabend in der Familie mitzufeiern.

Der Herbst 2015 brachte trotzdem eine Zäsur; damals lernten wir hunderte Menschen mit dramatischen Schicksalen kennen; manche still und verzagt, viele voller Humor und Hoffnung.

Seither sind einige dieser Menschen Teil unserer Nachbarschaft und unseres alltäglichen sozialen Netzes geworden.

Wir durften manches einbringen und haben vieles gelernt und erfahren.

Kleine Blitzlichter aus meiner ganz persönlichen Sicht möchte ich hier niederschreiben.

Was habe ich von Geflüchteten gelernt?

Ich habe von geflüchteten gelernt, auch in scheinbar ausweglosen Situationen Hoffnung und Humor nicht zu verlieren. Ich habe von ihnen Dankbarkeit für Dinge gelernt, die wir im Alltag als selbstverständlich ansehen. (z.B. In Ruhe in der Herbstsonne im Park sitzen zu können.)
Ich habe bei manchen von ihnen ein Gottvertrauen und eine Versunkenheit ins Gebet erlebt, vor der ich mit Hochachtung meinen Hut ziehe.

In der Begegnung mit geflüchteten Menschen ist mir viel deutlicher bewusst geworden:
1.) Wie begrenzt der Ausschnitt der Welt ist, den ich kenne, und wie sehr wir gleichzeitig weltweit aufeinander angewiesen sind.
2.) Um wie viel mehr Begegnung mit Menschen bedeutet als angebliches Wissen über Massen.

3.) Wie sehr wir immer wieder darauf achten müssen, dass nicht nützliche Institutionen zu kalter Bürokratie werden.

4.) Wie viel Hilfsbereitschaft und Zusammenhalt und wie viel Gleichgültigkeit und Ablehnung ich in meinem unmittelbaren Umfeld finden kann.

Was motiviert mich, mich für Geflüchtete einzusetzen?

  • Die klaren Worte von Jesus (Im Gleichnis vom Samariter, in der Rede vom Endgericht,
    in der goldenen Regel und dem Liebesgebot)
  • Die Erfahrung, dass ich angenommen und unterstützt werde und wie privilegiert ich in vielem bin, und die Verantwortung die daraus erwächst.
  • Mein Weiheversprechen … dort sind geflüchtete explizit angeführt

Was war mein schönstes Erlebnis?

Es ist schwer, eines herauspicken. Es war z.B. ein bewegender Augenblick, als Mirad, der 1994 aus Bosnien geflüchtet ist, den Kinderwagen seines Sohnes für eine syrische Familie brachte. Als sie ihm danken wollten, wiegelte er ab und sagte: „Auch ich war Flüchtling, ich weiß, was er für einen Unterschied macht, ob dir geholfen wird oder nicht.“

Wo sehe ich die größten Herausforderungen und Hindernisse?

Ich finde es – auch geistlich – herausfordernd, dass einer enormen Welle der Hilfsbereitschaft so viel anderes folgen kann, dass aus einem kurzfristigen Projekt ein Teil der alltäglichen Realität wird.

Ich empfinde Verbitterung, Egoismus, Gleichgültigkeit und kalte Bürokratie als echte Herausforderungen.

Wenn ich mir etwas wünschen dürfte…

„Wenn du mehr hast, als du brauchst, dann baue dir längere Tische und keine höheren Zäune.“

und

„Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen. Ich bin der Herr, euer Gott.“ (Lev 19,34)


22. Dezember 2018

„Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen.“ (Mt 25,35) – Wer diese Bibelstelle ernst nimmt weiß, dass fremdenfeindlich sein und Christ sein nicht vereinbar sind.

Diese Bibelstelle war und ist meine erste Motivation für meine Flüchtlingsarbeit, die ich seit September 2015 mache. Ich kann mich nicht Christin nennen, wenn ich das nicht ernst nehme. Nachdem ich dann noch das Buch „Auf der Flucht“ – von Karim El-Gawhary und Mathilde Schwabeneder gelesen hatte, in dem über erschütternde Fluchtschicksale berichtet wird – so erschütternd, dass ich oft längere Lesepausen zwischendurch brauchte – war für mich klar, dass meine Hilfe über die erste Zeit der allgemeinen Euphorie hinaus gehen wird.

Mittlerweile sind es drei Jahre, in denen ich regelmäßig jede Woche in der Flüchtlingsunterkunft in Lainz mithelfe. Vom anfänglichen Kleider sortieren, über Essensausgabe und andere Hilfsdienste bin ich seit fast zwei Jahren in der Deutsch-Lernhilfe tätig, wo mein Hauptanliegen das Deutsch-Lernen mit Frauen ist. Denn sehr viele Frauen, vor allem aus Afghanistan, hatten nie die Möglichkeit in die Schule zu gehen und lernen erst hier Lesen und Schreiben. Über diese Lernhilfe sind schon echte Freundschaften entstanden, die ich auch nach einem positiven Bescheid und der Übersiedlung in eine Wohnung aufrecht zu halten versuche. Denn dort beginnen erst die Herausforderungen für Asylberechtigte: Wenn es endlich gelingt eine leistbare Wohnung zu finden, die doch an einen Flüchtling vergeben wird, aber die Familie wochen- und monatelang nur mit Matratzen am Fußboden leben kann, weil die staatliche Unterstützung sehr schleppend ausbezahlt wird. Oft müssen sie sich in dieser Zeit sogar das Geld für das Essen ausborgen, denn Geld in der Flüchtlingsunterkunft anzusparen ist schlicht unmöglich, da die staatliche Unterstützung dort kaum zum Finanzieren der alltäglich benötigten Güter ausreicht.

Mittlerweile habe ich sogar schon eine Helferin gefunden, die mit mir regelmäßig in der Lernhilfe tätig ist. Nach anfänglichen großen Ängsten vor den „Ausländern“ ist sie nach einem gemeinsamen Mittagessen und persönlichem Kennen lernen von einigen Flüchtlingen mit großer Begeisterung mit dabei. Die schönsten Momente bei unserer gemeinsamen Arbeit ist dann die Freude der Frauen, wenn sie es nach großen Mühen endlich schaffen, Lesen und Schreiben zu erlernen und sich ein wenig auf Deutsch unterhalten zu können. Und wir erleben hier unendliche Dankbarkeit.

Wenn ich mir etwas wünschen dürfte wäre das mehr „Humanität“ von Seiten der Regierung bei der Vergabe von Bleibemöglichkeiten von Geflüchteten. Menschen, die seit 3 Jahren und länger auf einen Bescheid warten, bestens integriert sind, unsere Sprache erlernt haben, eine Lehre absolvieren, deren Kinder hier Freunde gefunden haben, human zu behandeln und Gnade vor Recht ergehen zu lassen.

Lisbeth Dichtinger


23. Dezember 2018

Willkommenskultur

Sommer 2015: Höhepunkt der Ankünfte geflüchteter Menschen, wo man hinsieht: Menschen, die anpacken und helfen, nach Traiskirchen fahren, um Kleidung, Schuhe, Hygieneartikel zu bringen. „Willkommenskultur“ im schönsten Sinn, damals noch nicht zum Unwort verkommen. Ich klinke mich auch ein mit ein paar Hilfsaktivitäten, schneide Gemüse für eine Ladung Suppe, die ich mit dem Auto ins Dusikastadion bringe. Setze mich zu den Männern in der Rundhalle und biete auf völlig unorganisierte Weise Deutschlernen an.

Dabei lernte ich Hamid kennen. Er hebt den schweren Suppentopf aus dem Auto und trägt ihn in die große Halle, wo die Familien untergebracht sind, zur Essensausgabe. Er, der Flüchtling, ist derjenige, der sofort aktiv wird, anpackt, wo er gerade gebraucht wird.

Später frage ich ihn, ob er mir bei Gartenarbeiten hilft. Beim gemeinsamen Arbeiten lernt man sich kennen. Er freut sich, in der Natur zu sein, ich bin froh um seine tatkräftige Unterstützung. Seine Freundlichkeit und sein Optimismus sind wohltuend und ich mache die Erfahrung, dass ich als „Helfender“ zum Beschenkten werde.

Inzwischen hat er seinen Hauptschulabschluss gemacht, eine Lehre begonnen. Mit großer Ausdauer und immer interessiert, geht er mit großer Ausdauer seinen Weg. Ab und zu schaut er bei uns vorbei, isst mit uns zu Abend, erzählt ein bisschen, wie es ihm geht. Inzwischen können wir uns sehr differenziert auf Deutsch unterhalten. Aus unserer „Hilfs-Beziehung“ ist Freundschaft geworden.

Seine „subsidiäre Schutzberechtigung“ läuft im Frühjahr aus. Er stellte den Antrag auf Verlängerung. Ich wünsche mir und hoffe, dass sein Antrag wohlwollend behandelt wird. Um Menschen wie ihn können wir in Österreich froh und dankbar sein.

Johannes Dressel


24. Dezember 2018

Reza, ein junger Flüchtling aus dem Iran, groß gewachsen, schlank und sportlich war auf der Suche nach einer evangelischen Gemeinde von der Diakonie an uns vermittelt worden. Im Iran hatte er eine Ausbildung zum Computertechniker gemacht und auch auf diesem Gebiet gearbeitet. Nach seiner Flucht lebte er jetzt in einem Flüchtlingsquartier in einer kleinen niederösterreichischen Gemeinde. Trotz seiner schlimmen Erlebnisse auf der Flucht war er ein fröhlicher Mensch, bisweilen auch ein wenig übermütig. Er ging regelmäßig zum Gottesdienst in die Kirche und besuchte einen Taufkurs. Auch in seinem Quartier bekannte er sich offen zum christlichen Glauben, und sprach oft davon. Diese „Missionierungsversuche“ störten seinen Zimmergenossen schon länger, aber eines Abends kam es deswegen zu einem handfesten Streit. Zu vorgerückter Stunde, vermutlich nicht mehr ganz nüchtern, gingen die beiden Kontrahenten so heftig aufeinander los, dass Reza mit Stich- und Schnittverletzungen, ins Spital gefahren werde musste.

Das Polizeiprotokoll, dass unter Mitwirkung anderer Quartierbewohner erstellt worden war, brachte nicht wirklich Licht in die Angelegenheit; dazu waren die Deutschkenntnisse der beteiligten Flüchtlinge zu schwach. So führte die Polizei beide Kontrahenten als Beschuldigte. Damit sich der Vorfall nicht wiederhole, wurde Rezas Widersacher in ein anderes, weiter entferntes Flüchtlingsquartier verlegt.

Rezas äußerliche Wunden waren noch nicht lange zugeheilt, da bekam er Post vom BFA mit der Ankündigung, dass er nach dem Dublin Abkommen zur Durchführung seines Asylverfahrens nach Ungarn zurückgeschoben werde. Der sofort eingelegten Beschwerde wurde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt. Trotz der haarsträubenden Berichte über die Zustände in ungarischen Flüchtlingslagern trotz der in seinen BFA-Einvernahmen festgehaltenen schlechten Behandlung auf der Flucht in Ungarn wurde er schon kurze Zeit später in Schubhaft genommen. Alle Versuche, einen Aufschub bis zur Entscheidung über seine Beschwerde zu erlangen, scheiterten. Die Besuche im Polizeianhaltezentrum in Wien gehören zu den bewegendsten Erlebnissen als ehrenamtlicher Helfer. Ich hatte ich das Gefühl, dass es unserer Pfarrerin gelang, ihm im gemeinsamen Gebet Trost zu spenden und die Hoffnung auf einen guten Ausgang wach zu halten. In diesem Moment spürte ich Rezas Glauben und seine Bereitschaft, im Gebet Kraft und Zuversicht zu schöpfen, auch wenn die Augen voller Tränen waren, und die Stimme versagte.

Ungeachtet der Abschiebung suchten wir weiter nach Unterstützung für die Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens in Österreich. Parallel forschten wir über Freunde und Bekannte, kirchliche Einrichtungen und Nichtregierungsorganisationen in Ungarn nach Reza. Dank der großartigen Unterstützung von Diakonie, Caritas und Helsinki Komitee gelang es uns bald, Reza in Ungarn wiederzufinden.  Wir konnten wieder Verbindung zu ihm aufnehmen. Es war eine großartige Erfahrung, dass Reza auch in Ungarn Menschen getroffen hat, die sich für ihn einsetzten und ihn in seinem Asylverfahren begleiteten. Diese Bemühungen wurden schließlich durch die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus gekrönt. Stolz schickte er uns ein Foto seines Flüchtlingspasses. Groß war dann die Wiedersehensfreude, als wir uns ein paar Wochen drauf in Ungarn gegenüberstanden.

So hat sich die vermeintliche Katastrophe am Ende auf wundersame Weise in Rettung verwandelt. Für mich war dieses Ereignis das schönste Erlebnis während meiner ehrenamtlichen Tätigkeit in der Flüchtlingshilfe, und ich kann es immer noch nicht fassen.

Alfred Wenzel